1986

Sternenwanderung zum Sommersberger Hof

Bedrohung durch eine Sondermülldeponie

Den meisten Fritzdorfern wird am Morgen des 19. Oktobers 1985 sicherlich das Frühstück aus dem Munde gefallen sein. Als sie die Spalten der Tageszeitungen genauer durchgelesen haben, war dort eine Meldung besonderer Art zu entnehmen. Nein, nicht dass es um den Nachbarort Adendorf gegangen wäre, das auch – nein, die Nachricht kam direkt aus Düsseldorf. Nordrhein Westfalens Umweltminister Klaus Matthiesen hatte dort am Vortage im Landtagsausschuss für Umwelt- und Raumordnung die Kate aus dem Sack gelassen. Neben Köln-Hürth kämen für die geplante Sondermülldeponie drei weitere Standorte in Frage: Bornhein-Brenig, Bornheim-Merten und Wachtberg-Adendorf.

Ein Sturm der Entrüstung machte sich in den nächsten Tagen breit. Die Bürgervertreter in Wachtbergs Umweltausschuss verabschiedeten eine Resolution und in Adendorf fand eine Bürgerversammlung statt. Unter dem Motto „Wer sich wehrt, behält sing Perd“ wurde die Aktionsgemeinschaft gegen die Sondermülldeponie gegründet. Leiterin der Initiative wurde Ursula Perkams.

So unternahm die Gemeinschaft am 30. Januar 1986 eine Demonstration nach Düsseldorf, Der Vorstand der Aktionsgemeinschaft und Kommunalpolitiker aus Grafschaft und Wachtberg, beleitet von 350 Bürgern der betroffenen Gemeinden nutzten die Gelegenheit, in einem Gespräch mit Regierungspräsident Antwerpes und Minister Matthiesen ihren Protest unmittelbar kund zu tun. Bestärkt wurden sie mit 806 gesammelten Unterschriften von betroffenen Bürgern.

Am Samstag, dem 22. März 1986 ab 15.00 Uhr fand dann der Sternenmarsch mit anschließender Demonstration am Fritzdorfer Sommersberger Hof statt. Der Kundgebungsort war bewusst von den Veranstaltern gewählt worden, weil das aus dem 14. Jahrhundert stammende Anwesen der geplanten Sondermülldeponie hätte weichen müssen. Der Erfolg war überwältigend: In Eckendorf, Adendorf, Arzdorf, Fritzdorf und Oeverich formierten sich Demonstrationszüge mit Transparenten, Plakaten und symbolischen Särgen zum Sommersberger Hof. Fast 3000 Menschen aus den umliegenden Dörfern erreichten den Sommersberger Hof. Die Bürgermeister der beiden Kommunen, aber auch Landtagsabgeordnete der beiden Bundesländer machten noch einmal auf die Gefahr aufmerksam und forderten die Bevölkerung zum Widerstand auf. Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine Menschenkette um das geplante Deponiegebiet.

Erst am 27. Oktober 1986 wurde die Entscheidung getroffen. Die Grafschafter Christa Krämer und Werner Rex erklärten in einem Pressegespräch: „Die Entscheidung ist gefallen: Die Giftmülldeponie kommt nicht nach Wachtberg-Adendorf. Am 27. Oktober 1986 um 13.30 Uhr wurde in einer Pressekonferenz beim Regierungspräsidenten in Köln das Ergebnis des in seinem Auftrag von der Deutschen Projektunion in Essen angefertigten Gutachtens zur Standortfindung bekannt gegeben Der Standort „Ville Hochlage“ bei Hürth ist von allen vier möglichen Standorten der am besten geeignete … Der Standort Adendorf steht nach Merten und vor Brenig erst an dritter Stelle.“ Damit war diese tödliche Gefahr für Fritzdorf vorerst gebannt.

 

Quelle:
100 Jahre Eckendorfer Pfarrkirche, Herausgegeben von Ferdinand Fuchs